Inititative Stolpersteine Burgsteinfurt
Isidor
Meyer wurde 1862 in Wesel als Israel Meyer geboren. Über seine Kindheit ist uns
leider nichts bekannt. Im Alter von 20 Jahren kam er als Metzgerselle nach
Burgsteinfurt. Er hatte eine Stelle beim Metzger Samuel Michel, der auf der Steinstraße
24 eine gutgehende Metzgerei hatte. Zudem bekam er im Wohnhaus der Familie ein
kleines Zimmer. Israel Meyer freundete sich mit der Tochter seines
Arbeitgebers, Adele Michel an. Die beiden wurden ein Paar und heirateten am 2.
Februar 1886. Kurzdarauf bekam sie ihren ersten von insgesamt sechs Söhnen. Sie
nannten ihn Hirsch, was wohl ein Gedenken an Adeles verstorbenen Onkel war.
Hirsch Meyer folgten noch weitere Kinder: 1887 kam Julius zur Welt, 1889 Benjamin, 1890 Max, 1893 Sally und als letztes Kind Siegfried im Jahr 1895. Ein Jahr zuvor, nach dem Tod seines Schwiegervaters, hatte sich
Israel Meyer bereits entschieden, seinen Beruf als Metzger an den Nagel zu
hängen und stattdessen den in Burgsteinfurt überraschenderweise noch wenig
ausgeübten Beruf des Viehhändlers anzunehmen. Die Metzgerei und die beiden
Wohnhäuser, die wohl an eine Erbengemeinschaft fielen, wurden in einem Tausch-
und Kaufgeschäft an die Familie Hermann Hirsch übertragen. Dagegen bekam Israel
Meyer das Wohnhaus der Familie Meyer auf der Rottstraße 16 (heutige Nummer
unbekannt). Zur gleichen Zeit dürfte er
sich auch entschieden haben, sich nicht mehr bei seinem Geburtsnamen Israel zu
rufen lassen, sondern Isidor. Dieser Name wurde auch später in behördlichen
Dokumenten benutzt, weswegen auch wir ihn in dieser Dokumentation fortan nur
noch Isidor nennen werden.
Um
1900 verkauften Isidor sein Haus auf der Rottstraße und zog in einem Haus auf
der Rottstraße , wo Sie bis ca. 1920 wohnten.
Im
Ersten Weltkrieg dienten alle sechs Söhne an der Front. Diese Tapferkeit sollte
die Familie aber mit viel Trauer und Leid bezahlen. Bereits am 22. November
1915 fiel Sally Meyer, nicht einmal zwei Jahre später, am 13. August 1917 sein
Bruder Benjamin. Im September 1917 galt dann auch noch der jüngste Sohn
Siegfried Meyer als vermisst. Angesichts dieses Schicksals traf die 1916 vom
Reichswehrminister angeordnete Judenzählung die Familie bestimmt besonders
hart. Julius, der es im Militär bereits zum Hauptmann geschafft hatte, sowie
Max und Hirsch kamen unversehrt aus dem Krieg zurück. Um 1920 kaufte die
Familie das Haus Bahnhofstraße 21, wo anschließend nur noch das Ehepaar Meyer
mit ihrem Sohn Julius Meyer lebte. Die anderen Kinder waren bereits nach
Hannover (Hirsch) bzw. Bockholt (Max) verzogen.
Vier Tage vor ihrem 37.
Hochzeitstag verstarb Isidors Frau Adele recht jung, im Alter von nur 64
Jahren. Auch Isidor baute nun rapide ab. 1927 übergab er seinem Sohn Julius
nicht nur seinen Viehhandel, sondern auch sein Amt als Schächter der jüdischen
Gemeinde.
In der
Pogromnacht griff man ca. gegen 4:30 Uhr das Haus der Familie an. In dem lebten
zu dieser Zeit neben Isidor noch Julius Meyer, seine Ehefrau Bertha, seine
beiden Söhne Kurt und Heinz, die 1922 bzw. 1924 dort geboren wurden, und Lina
Radloski eine ältere Witwe. Da man aus dem Haus den Angriff auf das Haus
Moltkestraße 12 miterleben konnte, flüchtete seine Schwiegertochter, mit den
Kindern zu einer anderen jüdischen Familie.
Das Haus wurde demoliert und man verursachte einen Schaden von ca. 4500
RM (zum Vergleich: Ein Arbeitergehalt betrug damals ca. 125 bis 150 RM). Diese
Erlebnisse und die Festnahme von Julius in den Morgenstunden, veranlasste die
Familie nun, sehr hektisch ihre Ausreise zu betreiben. Früh bekam man auch ein
Einreisevisum aus Chile. Die Ausreise finanzierte Isidor Meyer, durch den
Verkauf seines Hauses. Er selbst entschied sich aufgrund seines hohen Alters
gegen eine Auswanderung, und verzog stattdessen zu seinen Sohn Max. Als dieser
1940 ebenfalls flüchten konnte, kehrte er nach Burgsteinfurt zurück und wohnte
bis Juli 1941 in der Rottstraße 9 mit der Familie Max Hirsch zusammen.
Anschließend wurde er in das Judenhaus an der Hohen Schule eingewiesen.
Am 27. Juli 1942 wurde er mit der dritten und letzten Deportation über Münster
in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort überlebte er trotz seines Alters
fast alle Gemeindemitglieder, mit denen er deportiert worden war. Erst am 21.
Februar 1944, im Alter von 82 Jahren starb er an den unhygienischen Zuständen
im Lager.
Bild 1: Archiv Kiepker/Balzer, Bild 2: IMF, Bild 3: Heinz Meyer (Privatbesitz Löpenhaus), Bild 4 - 5: Benjamin und Sally Michel (StA Steinfurt, Gedenkbuch der gefallenen Soldaten.)